Abschlussrede der Kantonsratspräsidentin
Liebe Kolleginnen , liebe Kollegen
Frau Landammann, Werte Regierung, geschätzte Pressevertreter, sehr verehrte Gäste
Das Jahr ist so schnell vorbeigegangen, dass ich Mühe habe überhaupt noch alles abzurufen, was ich in diesem Jahr erlebt habe. Es ist auf jeden Fall ein einmaliges und intensives Jahr, ein Jahr mit vielen Eindrücken gewesen, ich bin in allen Regionen des Kantons, bei vielen Verbänden und Organisationen, an kulturellen und sportlichen Veranstaltungen gewesen. Es ist anstrengend gewesen, neben meiner Anwaltstätigkeit, die sich nicht einfach reduzieren lässt, mehrmals pro Woche und am Wochenende Veranstaltungen zu besuchen. Aber ich habe es sehr genossen und ich möchte keinen der Eindrücke missen, die ich aus diesem Jahr mitnehmen kann. Die Mutter des neuen Kantonsratspräsidenten Peter Brotschi hat mich an der Feier darauf angesprochen und gesagt, es sei wohl ein besonders hartes Jahr gerade für eine Frau. Das habe ich selbstverständlich verneint, worauf sie gesagt hat, dann sei ich sicher alleinstehend… Nun es sei an dieser Stelle erwähnt, ich habe auch in diesem Jahr eine Familie hinter mir gehabt, die sich auf das Schlimmste eingestellt hat und darum positiv überrascht gewesen ist, dass ich mich doch ab und zu zuhause habe blicken lasse. Meinem Ehemann und meinen beiden Kindern sei an dieser Stelle offiziell gedankt für die Geduld, die sie mit mir haben.
Jetzt, meine letzten Worte hier in diesem Saal als Präsidentin. Ich habe viele Reden gehalten, und diese Reden haben mir richtig Spass gemacht: begrüsst, verabschiedet, gewürdigt und dann wieder begrüsst und nun kommt der endgültige Abschied… es ist mir bei diesen letzten Worten viel schwerer gefallen, sie zu formulieren.
Meine 14jährige Tochter hat mich gefragt, als ich letzte Woche am Mittagstisch gestöhnt habe, dass ich jetzt nochmals eine Rede schreiben müsse, warum ich denn all diese Reden halte. Es sei schon verwunderlich, warum Erwachsene glaubten, dass irgend jemand Reden hören will. Tja, warum tun wir uns denn all die Reden an. Ich habe in diesem Jahr auch viele Reden angehört: lustige, unterhaltende, informative, zum Teil natürlich auch zu lange und etwas langfädige und selbstverständlich kann man immer unterschiedlicher Auffassung sein über diese Reden. Was aber für alle Reden zutrifft, der Redner oder die Rednerin zeigt doch, dass sie sich interessiert, für die Veranstaltung, wo sie eingeladen worden ist, dass sie Wertschätzung zeigt für das Engagement in allen den Vereinen und Organisationen und die Arbeit die dahinter steckt. Etwas, dass ich in diesem Jahr überall am eigenen Leib erfahren habe. Ich kann es nicht genug betonen, auch wenn die Politik in den Medien manchmal so dargestellt wird, als würde die Bevölkerung sie nicht immer verstehen oder nicht akzeptieren, so kann ich feststellen, im Kanton Solothurn weiss man in allen Regionen und auf allen Ebenen sehr wohl, was der Kanton leistet und was nicht. Auch im Kanton Solothurn wird an der Basis, im Verein, in der Gemeinde vorgelebt, was Demokratie ist: man macht mit, nimmt teil, übernimmt Verantwortung für Entscheide, die allen zugute kommen und das über alle Generationen und alle sozialen Schichten hinweg. Das scheint mir das Wichtigste zu sein. Geschätzt und gewürdigt werden alle, die sich engagieren nicht nur die, die vordergründig Erfolg haben, sondern auch die, welche die Knochenarbeit im Hintergrund während Jahren machen. Ich habe dieses Jahr für mich selber auch ein wenig so verstanden: ein Jahr, wo ich Wertschätzung und Dank habe erfahren dürfen stellvertretend für euch alle, die ihr euch engagiert im Vordergrund oder als stille Schafferinnen und Schaffer - eben nicht nur im Rampenlicht der scheinbaren Tagesaktualität. Darum gebe ich als erstes euch allen, liebe Kantonsrätinnen und Kantonsräte, liebe Kolleginnen und Kollegen diese Wertschätzung an dieser Stelle weiter. Ich danke euch allen für die Arbeit, die ihr leistet, für euren Einsatz für die Bevölkerung und für das Gemeinwohl.
Und unser Kantonsratsaal? Er hat sich bewährt und alles funktioniert. Obwohl ich hier vorne immer noch das Gefühl habe, ich sässe an einem Provisorium. Mein Laptop passt irgendwie nicht auf dieses Präsidentinnenpult und meine Papierberge haben überhaupt keinen Platz. Ich beige unter, neben und hinter mir alles auf, was ich so brauche. Und ihr seid die einzigen Farbtupfer im Saal, aber wohl nicht die Gemeinden, die da hinter mir offensichtlich heimlich angeschrieben sind. Die Architektur will es offensichtlich anders, und ich kann euch verkünden, die Fachwelt hat den Umbau des Kantonsratsaales sogar prämiert. Der Kanton vergibt alle drei Jahre Architekturpreise. Diesen Herbst hat man den Architekten Kummer + Partner für den Umbau unseres Saales einen Anerkennungspreis verliehen. Dies wäre ja noch nicht der Rede wert, interessant ist die Begründung der Architekturfachwelt dazu: „Was die Jury besonders zu überzeugen vermochte, waren die in ihrer Anordnung an einen runden Tisch erinnernden Pulte aus kerngeräucherter Eiche. Sie ermöglichen neu den ungehinderten Blickkontakt zwischen allen Ratsmitgliedern. Die Gesprächskultur soll gefördert werden, hierarchisch wird kaum noch zwischen Exekutive und Legislative unterschieden. .... Grundlage für politische Diskussionen auf Augenhöhe.“
Da hab ich doch am Anfang meines Präsidialjahres verzweifelt versucht, den Unterschied in den Rollen zwischen Exekutive und Legislative zu erörtern und nun dies. Da wundert es mich nicht mehr, dass die neuen Regierungsräte sich seit neustem die Voten von den Kantonsräten schreiben lassen wollen (so O-Ton RR Roland Heim) und leider hat mein Sitzkissen wenig dazu beigetragen, dass ihr mich auch optisch als Präsidentin wirklich wahrnehmen konntet. Zu Diskussionen angeregt hat der Saal, tatsächlich. Es sind ernsthafte und manchmal auch lustige und meistens auch sehr faire Wortgefechte gewesen. Eines hat leider nicht geklappt in meinem Präsidialjahr, euren Redefluss habe ich nicht stoppen können, auch wenn ich immer wieder mahnende Worte angebracht habe und die Redezeit immer schön unter Beobachtung gehabt habe. Auch wenn doch ab und zu die gefühlte Redezeit nicht mit der nach Minuten gemessenen übereingestimmt hat, einigen von euch hat es erst die Sprache verschlagen, als sie auf dem Kantonsratsausflug hinter mir her haben keuchen müssen...leider hat das nicht bis in den Ratssaal angehalten.
Nun denn, Frau Landammann Esther Gassler und ich haben uns in diesem Jahr bestens verstanden. Jeder in seiner Rolle selbstverständlich und solange die Medien nicht einen kleinen Rollentausch inszeniert haben, als Esther Gassler gerade auf den Höchsten Punkt des Kantons gewandert und als höchste Solothurnerin bezeichnet worden ist. Natürlich sind das nicht die Solothurner, sondern die Aargauer Journalisten gewesen. An so manche Veranstaltung hat sie mich eingeführt und bekannt gemacht mit den wichtigsten Personen und Gepflogenheiten. Liebe Esther, ich habe es geschätzt mit dir zusammen dieses Jahr unterwegs zu sein und ich danke dir herzlich für alles, auch für deine Kollegialität und die angenehmen Stunden, die wir zusammen auf Reisen und an Veranstaltungen verbracht haben. Ich danke auch allen Regierungsräten, für die angenehme Zusammenarbeit in diesem Jahr.
Ich habe mir eigentlich nicht vorstellen können hier vorne ganz alleine zu sitzen, so ohne Schwatzpartner… sie vermissen mich hoffentlich an meinem Platz dort unten im Saal! und unsern Ratssekretär Fritz Brechbühl hab ich eigentlich vor diesem Jahr nicht wirklich gekannt und geglaubt, er würde mich sicher nicht unterhalten hier vorne. Spätestens aber seit Fritz nicht nur meine Geschwätz geduldig über sich hat ergehen lassen, sondern selber nach ein paar Monaten mich in seiner trockenen, witzigen Art von sich aus unterhalten hat, da hab ich gewusst: Fritz du bist nicht nur blitzgescheit, du kannst dich auch jeder Präsidentin gemäss ihren Bedürfnissen anpassen. Fritz, du hast mich nicht überrascht, nicht was deine präzise Vorbereitung der Sessionen betrifft, auch nicht über deine fachlichen Erörterungen, obwohl wir natürlich nicht immer gleicher Auffassung waren, ich hab gewusst, dass du es kannst. Fritz du hast mich aber überrascht, weil auch wir zwei uns bestens unterhalten haben in diesem Jahr da vorne. Ich habe das sehr geschätzt und danke dir damit nicht nur für deinen grossartigen Einsatz, sondern auch für die unkomplizierte und sehr angenehme Zusammenarbeit. Ebenfalls danke ich den Parlamentsdiensten für die Arbeit, die sie das ganze Jahr leisten, allen voran Silvia Schlup. Sie ist ganze Jahr mit vollem Einsatz für uns da. Mit ihr zusammen ist jeder Anlass, der zu organisieren gewesen ist, ein Vergnügen gewesen: zuverlässig, alles perfekt organisiert und völlig unkompliziert. Ich habe sehr gerne mit ihr zusammengearbeitet. Ich danke auch Mirjam und allen andern die für uns da sind, ich danke den Protokollführerinnen, ich danke den Heinz Amacher und Ueli Lisser, unseren Weibeln, die uns verwöhnen und mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen haben und allen, die hier im Rathaus für uns arbeiten. Auch den Staatschauffeuren sei für ihre stets zuvor-kommende Art gedankt, sie haben mich sicher an jeden gewünschten Ort ge-bracht…
Und schliesslich hat es mich ausserordentlich gefreut, dass ihr alle einigermassen zufrieden mit mir gewesen seid. Ich habe über mich selber manchmal gestaunt, dass ich die Geduld aufgebracht habe hier vorne zu sitzen und zu schweigen, wenn ich doch lieber selber mitdiskutiert hätte. Ich freue mich deshalb wieder in euren Reihen Platz zu nehmen. Trotzdem werde ich nun doch ein wenig wehmütig, wenn ich daran denke, dass die Rolle der Dompteurin abgeben zu müssen, denn ich habe euch ausserordentlich gerne durch die Sessionen und die Abstimmungen geführt.
Ich übergebe aber sehr gerne das Cockpit dem neuen Kapitän Kantonsratspräsident Peter Brotschi. Ich wünsche ihm ein spannendes und erfolgreiches Präsidialjahr und alles Gute und viel Geschick in seinem Amt.
Ich verabschiede mich mit den besten Wünschen, liebe Kolleginnen und Kolle-gen, liebe Regierung, liebe Presse, liebe Gäste und wünsche allen eine erholsame und geruhsame Weihnachtszeit und viel Glück und Gesundheit im neuen Jahr. Die Session ist geschlossen. Merci.