Die Opfer ernst nehmen

Letzte Woche haben wir im Kantonsrat zusätzliche Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gewählt, um die Strafverfolgung im Kanton Solothurn zu stärken. Die berechtigte Hoffnung besteht, dass die Strafverfahren damit schneller abgeschlossen werden können. Wie gross das Problem der oftmals langen Verfahren ist, wurde uns in den letzten Wochen wieder auf erschreckende Art und Weise vor Augen gemalt. Unverjährbarkeit, Verwahrung und nun aktuell auch noch die Todesstrafe - das sind alles Inhalte von Initiativen, über die wir abgestimmt haben, oder hoffentlich - im letzten Fall - nie abstimmen müssen.


All diese Initiativen sind von Opfern oder Angehörigen von Opfern lanciert worden. All diese Initiativen zeigen, wie schwierig es für Betroffene sein muss, das Geschehene zu verarbeiten und wie gross die Verzweiflung ist. Der Ruf nach immer härteren Strafen wird von den Medien dankbar aufgenommen und verbreitet. Hört man genau zu, dann zeigt sich, dass es eben gerade auch um die Länge der Verfahren und um den Umgang mit den Opfern geht.
Opfer wünschen sich in erster Linie Gerechtigkeit. Dies beinhaltet die Gewissheit, dass die Strafverfolgung alles unternimmt, um die Tat aufzuklären und die Schuldigen der Strafe zuzuführen. Ein Strafverfahren, das Jahre dauert, belastet vor allem auch die Opfer.


Wer die Gewissheit hat, dass die Strafverfolgung das Beste getan hat, um Täter zu überführen, wer weiss, dass die Strafverfolgung die Seite der Opfer ernst nimmt, kann als Opfer mit einer Strafe, die allenfalls nicht so hart wie erwartet ausfällt oder sogar mit einer Nichtbestrafung eher umgehen. Ein Teil des Verarbeitungsprozesses kann mit dem Ende des Strafverfahrens abgeschlossen werden, auch wenn es nicht immer den Erwartungen der Opfer entspricht.
Opfer brauchen - weil es so schwer ist, eine Straftat zu verkraften, aber gerade auch wegen der Unzulänglichkeiten in der Strafverfolgung - Anlaufstellen des Vertrauens. Dies wird ihnen in der Schweiz in vorbildlicher Weise unter anderem durch das Opferhilfegesetz garantiert. Im Kantonsrat haben wir zwar mehr Staatsanwälte gewählt, aber gleichzeitig feststellen müssen, dass der Solothurner Regierungsrat die Opfer vergessen hat. Vor lauter Sparen hat man in der Vergangenheit nur minimale Mittel für die Opfer eingesetzt. Die Solothurner Opferberatungsstelle hat in den letzten Jahren nur funktioniert, weil man von Ressourcen des Kantons Aargau profitieren konnte. Nun wird die Opferberatungsstelle per Ende 2010 geschlossen.


Laut Regierungsrat ist es ungewiss, ob der Kanton ab 2011 eine Beratungsstelle anbieten kann. Zurzeit wird noch nach einer neuen Lösung in Zusammenarbeit mit dem Kanton Aargau gesucht. Die Opfer werden sich vorübergehend wohl an die Beratungsstellen der umliegenden Kantone wenden müssen. Besser wäre es, die nötigen finanziellen Mittel bereit zu stellen, um den Opfern die dringend nötige Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie mit ihrer Wut, Verzweiflung und ihren verständlichen Rachegedanken nicht alleine gelassen werden.

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