Farbe bekennen!

Die Bevölkerung des Kantons Solothurn nimmt zu, altert und verbraucht immer mehr Fläche für Wohnen, Infrastruktur und Freizeit. Der Kanton Solothurn ist klein und 40 % der Fläche ist mit Wald bedeckt. Da wird es eng, zumal die Vorstellungen darüber, wie die Restfläche genutzt werden soll, weit auseinander gehen können. Die einen möchten bauen, die andern bauern, manche das Land auf Bahn und Strasse durchqueren, und dann soll auch noch Fläche für die Erholung zur Verfügung stehen. Die unterschiedlichen Vorstellungen haben bis Ende der 70iger Jahre noch zu Wildwuchs geführt. Auf dem besten Landwirtschaftsland wurde gebaut, in schönsten Erholungsgebiet Ferienhäuser errichtet und Strassen mitten durch das Land gezogen. Ein Teil der Landwirte wurde in jenen Jahren zu Millionären, der andere Teil musste immer mehr darum zu kämpfen genügend Land zum Bewirtschaften zu bekommen. Diese Zeiten sind hoffentlich vorbei. Mit den auf Bundesebene geschaffenen gesetzlichen Grundlagen zur Raumplanung und der darauf aufbauenden Richt- und Nutzungsplanung haben Kanton und Gemeinden in den vergangen 30 Jahren über den ganzen Kanton hinweg eine gewisse verbindliche Ordnung hergestellt.

Die Gesamtüberprüfung des Richtplans durch den Regierungsrat erfolgt periodisch. Letzte Woche hat der Kantonsrat das Resultat zur Kenntnis genommen, die Anhörungsfrist für Gemeinden und Regionalplanungsorganisationen läuft noch. Auch die Bevölkerung wird noch Stellung nehmen können. Die Diskussion letzte Woche im Kantonsrat hat gezeigt: Die Nutzungskonflikte zwischen Gewerbe und Landwirtschaft aber auch zwischen Landwirtschaft und Landschaftsschutz sind gross, denn der Boden wird immer knapper. Pro Minute wird ein Quadratmeter überbaut. Das nicht besiedelte Gebiet ist am Schwinden.

Interessenkonflikte zu lösen gehört im politischen Alltag zum Tagesgeschäft. Per Mehrheitsentscheid müssen tragfähige Lösungen gefunden werden. Im Entscheidungsprozess können alle Beteiligten - von links bis rechts, von der Umwelt-Fraktion bis zur Bauern- und Gewerbe-Lobby - ihre eigenen Interessen einbringen, und am Ende wird dann eben darüber abgestimmt.

Beim Richtplan, der im Kantonsrat zur Debatte stand, ging es vorerst darum, den Stand der Planung zur Kenntnis zu nehmen und die Stossrichtung zu diskutieren. Die Planung von heute wird die künftige Besiedelung unseres Kantons prägen. Wir Politikerinnen und Politiker sind zwar nicht so einflussreich, wie wir gerne wären, aber wir sind massgeblich daran beteiligt, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Aber offenbar tun sich bei einem komplexen Thema wie Richtplanung gewisse Parteien schwer. Vor allem jene Partei, die gerne einfache Lösungen propagiert, hat plötzlich Mühe, klar Stellung zu beziehen, wenn es darum geht, die Interessen von Bauern und Gewerbe, Wirtschaft und Natur abzuwägen. Statt Farbe zu bekennen und sich für eine klare Richtung auszusprechen, hat die SVP im Kantonsrat Vogel-Strauss-Politik in bester Manier betrieben. Sie hat sich schlichtweg geweigert, die Planung zur Kenntnis zu nehmen.
Einzugestehen, dass die heile Schweiz, dünn besiedelt von Schweizerinnen und Schweizern  bloss eine Sehnsucht bleibt, ist wohl nicht so einfach. Ganz zu schweigen von den Interessenkonflikten zwischen Gewerbe und Landwirtschaft, die ja die Harmonie in der Partei empfindlich stören könnten.
Fazit: Ein paar griffige Slogans in die Welt zu posaunen ist einfacher als das politische Tagesgeschäft.