Frauenhandel

Maria S. wollte als Kindermädchen in Italien einen Job annehmen, um ihre kranke Mutter zu unterstützen. Die aus Moldawien stammende Frau meldet sich beim Vermittler dieser angeblichen Stelle und landet schliesslich in der Schweiz, wo sie an ein Bordell verkauft wird. Gerade im Kanton Solothurn gibt es eine überdurchschnittliche Zahl an Lokalen dieser Art. So ist es naheliegend, dass in unserem Kanton viele Kunden Sex-Dienstleistungen konsumieren, die im Zusammenhang mit Frauenhandel und Zwangsprostitution stehen. In einem dieser Lokale arbeitet also Maria S. erst einmal dafür, dass sie ihre Schulden von mehreren tausend Franken für die Reise abzahlen kann. Die Leute, die sie hierher brachten, haben sie in der Hand. Jeder Schritt wird überwacht, sie muss die Wünsche der Kunden bereitwillig befriedigen.

Auch wenn sie ihre Schulden abgearbeitet haben wird, kann die junge Frau nicht nach Hause reisen. Sie muss sich erst das Geld dazu verdienen. Doch lange bevor es soweit ist, gibt es eine Razzia im Bordell. Maria S., die illegal in der Schweiz weilt, wird von der Polizei einvernommen. Soll sie gegen die Stellenvermittler, sprich Menschenhändler, aussagen? Dies zu tun, könnte für sie riskant sein. Was mit ihr später passiert, weiss sie nicht. Sie hat Angst. Soll sie abwarten und auf eine Bewilligung zum Hierbleiben hoffen oder soll sie gleich untertauchen, wie so viele es tun? Ohne ausreichenden Schutz werden die Opfer gegen die Täter kaum aussagen.

Opfer von Menschenhandel sind in der Sexindustrie oder in privaten Haushalten zu finden. Immer mehr Frauen aus Ländern des Ostens und Südens sind gezwungen ihre Familien finanziell zu unterstützten. Die unqualifizierten „Arbeitskräfte“ gelangen mit der zweifelhaften Hilfe von Schleppern und Vermittlern in die westlichen Industrieländer.
 
Menschenhandel ist offensichtlich mit wenig Risiko und grossem Verdienst verbunden, da die „Täter“ kaum gefasst werden. Die betroffenen Frauen geben meistens am Anfang die Einwilligung, die Arbeit auszuführen und stehen dann unter grossem Druck. Sie sind erpressbar, da finanziell abhängig und möchten fast um jeden Preis verhindern, zurückgeschafft zu werden.

Ob man Prostitution kriminalisiert oder nur moralisch verurteilt, den Opfern nützt es kaum etwas. Was sie brauchen, ist Unterstützung, wenn sie aussteigen wollen, und sie müssen über ihre Rechte informiert sein. Die Konvention des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels ist am 1. Februar in Kraft getreten. Es geht um den Schutz vor Einschüchterungen und Schutz der Opfer vor Ausschaffung auch ausserhalb eines Strafverfahrens. 24 Staaten haben sie bisher unterzeichnet und 13 ratifiziert. Die Schweiz ist nicht dabei.

Was ist mit dem Kunden? Ihm kommt eigentlich eine Schlüsselrolle zu. Und der Kunde ist der Kollege, der Ehemann, der Nachbar. Der Kunde beeinflusst die Nachfrage. Fazit einer soeben zu Ende gegangenen Ausstellung in Bern zum Thema: Wer Sex mit Opfern von Frauenhandel kauft, beteiligt sich an einem menschenverachtenden Verbrechen.