Gemeindeautonomie
Die Rolle der Gemeinden in unserem Kanton gibt viel zu reden. Die Gemeinden klagen darüber, dass der Kanton immer mehr nach dem Prinzip „den Letzten beissen die Hunde“ vorgehe. Immer mehr Lasten, immer mehr Verpflichtungen und immer weniger Autonomie, so die Einschätzung der Gemeindevertreterinnen und -vertreter.
„Gemeindeautonomie zwischen Illusion und Realität“ ist der Titel einer Studie, welche die Stiftung „avenier suisse“ vor gut einem Jahr veröffentlicht hat. Sie zeigt auf, was wir alle nicht anders vermuten, dass die Autonomie der Gemeinden in den letzten Jahrzehnten durch Aufgabenverlagerungen, durch zahlreiche Vorgaben von Bund und Kantonen und durch finanzielle Abhängigkeiten tatsächlich immer mehr ausgehöhlt wurde.
Die Studie kommt zum Schluss, dass die Zukunft der Gemeinden nicht im Festklammern an einem engen Autonomieverständnis liegt. Im Gegenteil, diese Abwehrhaltung gefährde sie eher. Dagegen können Gemeindefusionen und mehr Zusammenarbeit die Gemeinden und damit die Bürgerinnen- und Bürgernähe stärken.
Die Studie enthält auch einige interessante Aussagen zur Situation im Kanton Solothurn. Die befragten Gemeindeschreiber waren der Auffassung, dass die Gemeindeautonomie im interkantontonalen Vergleich besonders stark abgenommen habe. Die Gemeinden seien häufig nur noch ein Vollzugsorgan. Die Studie weist aber auch aus, dass im Kanton Solothurn mehr als 40 % der Kantonsrätinnen und Kantonsräte Gemeindeexekutivmitglieder sind, was offenbar im interkantonalen Vergleich eine überdurchschnittliche Vertretung darstellt.
Es ist wohl nicht zuletzt dieser guten Vertretung der Gemeinden zu verdanken, wenn im Kanton Solothurn in vergangenen Jahren immer wieder ausgewogene Lösungen zur Zufriedenheit aller erreicht werden konnten. Als Beispiele seien die Pflegefinanzierung oder auch die organisatorische Umsetzung des Kinder- und Erwachsenenschutzrechtes erwähnt. Ein künstliches Anheizen eines echten oder vermeintlichen Interessenkonflikts zwischen Kanton und Gemeinden macht keinen Sinn. Wir alle sind Gemeinde, wir alle sind aber auch Kanton. Wenn fast die Hälfte der Kantonsratsmitglieder auch leitende Funktionen in ihren Gemeinden haben, dann möchte man ihnen zurufen: Hört auf zu jammern, macht vielmehr euren Einfluss geltend! Betreibt effiziente Politik im Interesse aller.
Umso mehr erstaunt, dass sich die Mitglieder des Verbandes der Solothurnischen Gemeinden (VSEG) absolut gegen weitere Diskussionen mit dem Kanton aussprechen, wenn es darum geht, sich am Finanzloch der kantonalen Pensionskasse zu beteiligen und verlangen, dass der Kanton das Loch selber stopft.
Das Jahr 2013 fordert die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kanton nicht nur in der Frage der Pensionskasse, sondern erst recht, wenn es um die Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen den Gemeinden geht. Dabei sollten nicht nur Lasten, sondern auch Aufgaben klar aufgeteilt werden, damit den Gemeinden Spielraum bleibt, ihre Ausgaben selber steuern zu können. Tragfähige Lösungen können nur im Gespräch zwischen Kanton und Gemeinden erreicht werden. Wenn eine Seite aber in einem ihr unangenehmen Bereich Gesprächsverweigerung signalisiert, ist das keine guten Voraussetzung für eine Politik, die das Wohl aller im Auge haben sollte.