Häusliche Gewalt wirksam verhindern

Tötungsdelikte und Tötungsversuche haben in den letzten Wochen einmal mehr für Schlagzeilen gesorgt. Betroffen sind am häufigsten Frauen und Kinder. Solche Ereignisse sind erschreckend, bedrückend und man nimmt sie mit Hilflosigkeit zur Kenntnis. Sie sind aber nur die Spitze des Eisberges. Viele Schicksale häuslicher Gewalt gelangen nie an die Öffentlichkeit. Häusliche Gewalt kommt in allen Generationen, in allen Nationalitäten und in allen sozialen Schichten vor. Die Plätze in den Frauenhäusern sind rar, die Nachfrage gross.

Massnahmen wie Rayonverbote, Wegweisungen mit Rückkehrverboten, Strafanzeigen usw. sind wichtig, genügen aber dennoch oftmals nicht. Diese Woche hat der Kantonsrat mit den Änderungen des Polizeigesetztes die Verlängerung der polizeilichen Wegweisungsfrist bei häuslicher Gewalt auf 14 Tage beschlossen, mit der Möglichkeit diese unter bestimmten Voraussetzungen weiter zu verlängern. Zudem kann die Polizei nun das Rückkehrverbot einer gewalttätigen Person der kantonalen Bewährungshilfe melden, so dass diese proaktiv auf bestehende Gewalttherapieangebote aufmerksam gemacht werden kann. Erhofft wird eine Verbesserung des Opferschutzes bei häuslicher Gewalt.

Häusliche Gewalt findet, wie der Name sagt, hinter verschlossenen Türen statt und bleibt daher häufig unentdeckt. Auch wenn es sich bei den verübten Gewalttaten um Offizialdelikte handelt, muss das Opfer zuerst die Polizei um Hilfe rufen. Die Opfer sind oftmals erst nach wiederholten massiven Übergriffen überhaupt dazu bereit und scheuen sich selbst dann, eine Strafanzeige einzureichen. Die Beweislage ist oft schwierig und Enttäuschungen in Strafverfahren führen zu Resignation. Kommt es zu einer Strafanzeige, nehmen die Opfer meistens die sechsmonatige Bedenkfrist in Anspruch. Sie wollten zuwarten und die Hoffnung auf Besserung nicht aufgeben, was zur Folge hat, dass die Strafverfahren provisorisch eingestellt werden. In den wenigsten Fällen kommt es somit zu Verurteilungen.

Die Kritik an dieser Bedenkfrist bei Strafanzeigen hat in der letzten Zeit zugenommen. Ohne finanzielle Sicherheit, eingeschüchtert durch die massiven Drohungen, sind die Opfer gefangen in einem starken Abhängigkeitsverhältnis, das dem gewaltausübenden Partner mittels Reue und Versöhnung immer wieder die Rückkehr ermöglicht. Es braucht meistens mehrere Anläufe, bis sich ein Opfer aus dieser Situation endgültig befreien kann. Es sind daher nicht nur polizeiliche Massnahmen nötig, sondern auch weitgreifende Überbrückungsangebote wie zum Beispiel das Bereitstellen einer Unterkunft oder finanzielle Unterstützung.

Neben der Unterstützung der Opfer und der konsequenten Verfolgung und Bestrafung der gewaltausübenden Personen braucht es aber vor allem präventive Massnahmen. Die Auslöser und das Verharren in der Situation von häuslicher Gewalt sind vielschichtig. Gewaltprävention muss daher im Kindsalter beginnen und sollte alle Risikofaktoren sowohl auf Seiten der Täter und Täterinnen wie der Opfer erfassen. Soziale Kompetenzen zur Konfliktbewältigung, ein gesundes Selbstwertgefühl und wirtschaftliche Sicherheit sind dabei wichtige Faktoren zur Verhinderung von Abhängigkeitsverhältnissen.