In die Zukunft investieren

Berufstätige Mütter vernachlässigen ihre Familie – ein gängiges Vorurteil. Eine in diesen Tagen erschienene Langzeitstudie des Bundesamtes für Statistik zeigt ein anderes Bild: Erwerbstätige Frauen haben ihren Einsatz für Familien- und Hausarbeit in den letzten Jahren intensiviert und nicht etwa reduziert, dies obwohl selbstverständlich auch die Väter mehr Familienarbeit übernehmen.

Mütter von Kindern unter 7 Jahren arbeiten durchschnittlich 59 Stunden pro Woche für die Familie. Auch Mütter, die Voll- oder Teilzeit arbeiten, reduzieren ihr Pensum zu Hause nur unmerklich. Das Engagement für Kinder und Haushalt bleibt bestehen, die Gesamtbelastung erhöht sich.

Was die Erwerbsarbeit betrifft, gibt es heute verschiedenste Familienmodelle. Tatsache ist aber, dass nicht nur die Wirtschaft, sondern in den meisten Fällen auch das Familienbudget auf die Erwerbsarbeit der Mütter angewiesen ist. Wer arbeitet und für diese Zeit eine ausserhäusliche Kinderbetreuung in Anspruch nimmt, soll einen Teil der anfallenden Kosten beim steuerbaren Einkommen in Abzug bringen können. Das ist nichts Neues in unserem Kanton und soll nun auch bei den Bundessteuern eingeführt werden.

Werden dadurch Familien, die ihre Kinder nicht auswärts betreuen lassen, benachteiligt? Die SVP sieht das so und will deshalb gleich alle Familien, die nicht ihren Vorstellungen entsprechen, bestrafen. Im Kantonsrat wird nächste Woche ein Vorstoss der SVP beraten, der Familien, die ihre Kinder nicht ausser Haus betreuen lassen, mit Steuerabzügen von mindestens 20'000 Franken belohnen will. Eine Forderung, die allein schon finanzpolitisch völlig masslos ist, würde dies doch jährliche Steuerausfälle in zweistelliger Millionenhöhe verursachen. Ganz klar, dass damit der Kanton Solothurn zu drastischen Sparmassnahmen gezwungen würde, die insbesondere auch die Familien treffen.

Aber was kümmert politische Schaumschläger die Konsequenzen, wenn sich Gelegenheit zu ideologischen Grabenkämpfen bietet? Familien, die dem Gesellschaftsmodell der SVP entsprechen, sollen bevorzugt, alle andern, die ihre Verantwortung gegenüber ihren Kindern ebenso wahrnehmen, das Nachsehen haben.

Zukunftsgerichtete Familienpolitik verlangt nach einer Stärkung aller, die Kinder gross ziehen, in welchem Familienmodell auch immer. Verlässliche Familienpolitik heisst, Bedingungen schaffen, welche gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten wirksame Entlastung bringen. Der Regierungsrat postuliert in seinem Legislaturplan diese Woche, dass er sein künftiges Handeln im Dienst der solothurnischen Bevölkerung unter anderem nach den Grundsätzen der Solidarität, Nachhaltigkeit und Sicherheit ausrichtet. Insbesondere soll der Kanton als Wohn- und Arbeitsort attraktiv sein. Sollen das mehr als schöne Worte sein, dann bedeutet das in familienpolitischer Hinsicht handfeste Investitionen in die Entlastung von Familien (z.B. von den hohen Krankenkassenprämien), in gute Bildungsmöglichkeiten und in die berufliche Zukunft der Jugend.

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