Pflichtbewusste Anwärterinnen und Anwärter für das Solothurner Polizei-Korps

Rede zur Brevetierung vom 18. September 2018

Heute markiert für Sie alle das Ende einer anstrengenden und intensiven Ausbildungszeit. Zusammen mit Ihren Familienangehörigen feiern Sie heute Ihre Aufnahme in das Korps. Mir steht die Ehre zu, mit Ihnen heute als Vorsteherin des Departements des Inneren den feierlichen Moment Ihrer Brevetierung mitzuerleben und zu feiern. Es freut mich, dass wir heute gut ausgebildete und motivierte Anwärterinnen und Anwärter als Polizistinnen und Polizisten brevetieren können.

Die Ausbildung für das Polizeikorps stellt hohe intellektuelle und körperliche Anforderungen an die Anwärterinnen und Anwärter. Anfangs Jahr habe ich die Durchhalteübung besucht und war beeindruckt von der mentalen und körperlichen Disziplin, welche die Teilnehmenden an den Tag legten. Wir als Kanton stellen sehr hohe Anforderungen an unsere Polizistinnen und Polizisten. Ein verantwortungsvolles, respektvolles und professionelles Verhalten gegenüber der Bevölkerung ist unabdingbar. Nur so kann die starke Beziehung zur Solothurner Bevölkerung aufrechterhalten werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass Sie alle diesem Anspruch gerecht werden.

Allerdings bekommt man manchmal das Gefühl, dass ein gewisser Teil der Bevölkerung in der Schweiz eine Enthemmung gegenüber Gewalt in jeglicher Form durchgemacht hat. Wenn in Zürich Polizisten und Sanitäter von gewaltbereiten Fussballfans abgehalten werden, zu einem schwer verletzten Menschen zu gelangen, dann ist das eine neue Dimension von Gewalt. Immer mehr nehmen auch Attacken von Hooligans gegen Polizistinnen und Polizisten fernab von Fussballstadien zu. Aber nicht nur Polizistinnen und Polizisten: Auch Frauen, religiöse und ethnische Minderheiten, sowie Spitalmitarbeiterinnen und –mitarbeiter werden oft Opfer von Gewalt. Zwar nimmt die Anzahl an Gewalttaten insgesamt ab, aber es ist auch eine zunehmende Brutalität im Einzelfall zu erkennen.

Zum Glück gehört der Kanton Solothurn zu den Kantonen, in welchen sehr wenig Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten ausgeübt wird. Dies ist nicht nur die Wahrnehmung von aussen, sondern laut Bundesamt für Statistik auch aufgrund der statistisch erhobenen Delikte gegen Beamte verbürgt. Ein Punkt ist sicherlich, dass wir hier keine Hochrisikofussballspiele austragen. Als Polizistin oder Polizist kommen Sie nur im Kontext vom Konkordat an Hochrisikospiele, nämlich dann, wenn Sie die Kolleginnen und Kollegen in Basel und Bern unterstützen werden. Aber das ist nicht der einzige Grund: Die hochprofessionelle und pflichtbewusste Arbeit des Solothurner Polizeikorps stärkt durch ihren respekt- und verständnisvollen Umgang mit der Bevölkerung das Vertrauen in die Polizei. Denn für unser Staatsverständnis ist dieses Vertrauen von grosser Bedeutung.

Einige grosse Denker – wie zum Beispiel Thomas Hobbes – sahen das ganz anders und haben den Staat und das Gewaltmonopol der Polizei als einzige Möglichkeit verstanden, den von Natur aus gewalttätigen Menschen zu einem friedlichen Miteinander zu zwingen. Der Staat solle mit Gewalt dafür sorgen, dass der Mensch sich an gewisse Regeln hält.

Der Bürger als Gefahr für den Staat und die Ordnung: So verstehen wir unseren modernen Rechtsstaat zum Glück nicht. Wir setzten grosses Vertrauen in unsere Mitmenschen und gewähren möglichst viele Freiheiten. Wir betonen – wann immer möglich -  das Miteinander, sei dies mit unseren Nachbaren, politischen Konkurrentinnen oder der Polizei. Der Gesetzgeber setzt demokratisch abgestützte Leitblanken für diese Freiheiten. Das Gewaltmonopol des Staates wirkt erst dann, wenn diese Leitblanken versagen oder überschritten werden – und eben nicht als Abschreckung und Unterdrückung der Bevölkerung.

Und es darf nie vergessen werden: Gewalt ist keine homogene Erscheinung, sondern die unterschiedlichsten Täterinnen und Täter handeln aus den verschiedensten Gründen. Es gibt keine Patentlösung, mit welcher wir alle Gewalt ausmerzen können – schon gar nicht in einem Rechtsstaat wie unserem, der die persönliche Freiheit jedes Einzelnen hochhält. Mit einigen Formen der Gewalt– wie etwa der Gewalt gegen Frauen – kämpfen wir als Gesellschaft schon seit Hunderten von Jahren. Andere – wie etwa Cyber-Mobbing – stellen uns vor neue Herausforderungen.

Es ist die Aufgabe der Gesellschaft und der Politik, die Wurzeln dieser Gewalt zu erkennen und zu behandeln – seien dies soziale Ungerechtigkeiten, diskriminierende Strukturen oder sonstige gesellschaftliche Mechanismen. Oft konzentriert sich die Politik leider zu fest auf weitere Repressionen, anstatt die tieferliegenden Probleme anzugehen – auch hier im Kanton Solothurn. Ein bisschen weniger Schaufensterpolitik, mehr Besonnenheit: Das bringt uns alle weiter. Im Endeffekt lässt sich aber über eine Tatsache nicht diskutieren: Der Staat hält das Gewaltmonopol und schreitet dort ein, wo nicht-legitime Gewalt ausgeübt wird - und zwar in Form der Polizei.

Sie werden in Ihrer Arbeit viele Positive und hoffentlich wenige negative Erfahrungen machen. Es ist nicht einfach, mit aggressiven Worten, Beschimpfungen und physischen Auseinandersetzungen umzugehen. Respekt und Mitgefühl, Abgrenzung und Klarheit spielen dabei eine wichtige Rolle. Das sind Werte, die auch das Korps hochhält. Und ich bin der festen Überzeugung, dass Sie alle nach Ihrer Ausbildung diese Werte verinnerlicht haben und Sie im Laufe Ihrer Tätigkeit die Chance ergreifen werden, sich als Polizistin und Polizist weiterzuentwickeln. Das gute Verhältnis der Solothurner Bevölkerung zur Polizei hängt nicht nur aber auch von Ihrer Arbeit, Ihrer Persönlichkeit und Ihrem Verständnis von Polizeiarbeit ab. Sie treten in ein Korps ein, das mit klaren Grundsätzen und mit Augenmass geführt wird. Ich bin überzeugt, Sie werden als Mitglied dieses Korps die Chance ergreifen, zu einer tragenden und verlässlichen Stütze unseres Korps zu reifen.

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