Schwierige Abbiegebeziehungen

Was für ein Start, morgens um halb acht einen „komplexen fünfarmigen Knoten mit schwierigen Abbiegebeziehungen für Velofahrer“ (zit. Veloverkehrskonzept Olten, Massnahme 40) zu meistern. Ein Gewirr von Auto-, Velo- und Töfffahrern und Scharen von Schüler, die die Strassen überqueren.
Weiter fahren bis zur Autoschlange vor dem Rotlicht, das seit neustem mein Wohnquartier vom Rest der Stadt abtrennt. Vorne am Kopf der Schlange wäre doch ein Warteraum für Velofahrer reserviert, doch dorthin gelangt nur, wer den Umweg über das Trottoir unter die Räder nimmt. Gewonnen ist mit dem nicht gerade lupenreinen Manöver aber ohnehin nichts, weil der vorderste Autofahrer präzis auf dem für Velos reservierten Platz wartet. Soll ich nun die Autonummer des Fehlbaren aufschreiben und ihn anzeigen, wie mir ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung kürzlich empfohlen hat? Aber eigentlich möchte ich ja nicht Recht haben, sondern ganz einfach so rasch als möglich mein Büro erreichen.

Kaum auf der Hauptstrasse, muss ich wieder vor einem Rotlicht halten. Hinter mir warten ungeduldige Schüler, die mich beim Massenstart rechts und links überholen, so dass wir gemeinsam auf die Postkreuzung zufahren, als seien wir an einem Velorennen. Welche Taktik soll ich wählen? Alle Autos rechts überholen und ohne mit einer Wimper zu zucken über die Kreuzung Richtung Holzbrücke rasen? Oder mich doch lieber vor die Veloampel drängen? Wenn sich dann der erste regt, gilt es mit voller Kraft in die Pedale zu treten, damit ich an der Spitze des Feldes in die schmale Einmündung bei der alten Brücke einbiegen kann. Mit etwas Glück kollidiere ich nicht mit einem Pfosten oder der Reklametafel und umkurve dann elegant die Fussgänger. Danach scharf rechts in die Zielempgasse. „Geschwindigkeit hoch, Durchlässigkeit nicht überall gewährleistet, Sicherheit für Velofahrerinnen und Fussgänger nicht überall gewährleistet“ (zit. Massnahme 11).
Noch ein paar Schlenker und halb legale Kurven - dann in den Hinterhof meines Büros. Geschafft! Ich habe die für Velofahrer als 'sicher und attraktiv' geltende Verkehrsfläche der Oltner Innenstadt durchquert.

Nebst Aspekten wie Sicherheit misst das soeben überarbeitete Fuss- und Veloverkehrskonzept der Stadt Olten vor allem der Direktheit entscheidende Bedeutung zu. Ziel sei es, ein Netz von Veloverkehrsverbindungen mit einem durchgängig hohen Sicherheitsniveau zu schaffen. Innenstadt, Quartiere und Schulen sollen verbunden sein.

Bloss klaffen Wunsch und Wirklichkeit beträchtlich auseinander. Priorität geniesst der Durchgangsverkehr. Oberstes Ziel ist die Vermeidung von Staus auf den Hauptachsen. Quartierbewohner und Velofahrerinnen müssen da hinten anstehen.
Der Kanton bestimme eigentlich das meiste und die Stadt Olten sei auch mit Veloverkehrskonzept machtlos, so tönt es aus dem Stadthaus.
Die alte mutlose Haltung. Ich wünsche mir eine Stadt, die selbstbewusster auftritt, die den Mumm hat, nach neuen und allenfalls unkonventionellen Lösungen zu suchen und sich nicht immer gleich hinter Sachzwängen versteckt.

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