Treppe statt Lift – wie Susanne Schaffner in ihrem Amt vorsorgt

Interview mit LINKS SO Oktober 2018

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Susanne, du bist seit dem 1. August 2017 als Regierungsrätin und Vorsteherin des Departementes des Innern im Amt. Jetzt, 15 Monate später – wie gefällt es dir?

Susanne Schaffner: Mir gefällt meine Aufgabe sehr gut, es fühlt sich so an, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Was ja auch ein wenig stimmt, weil eigentlich ist es eine Fortsetzung meines bisherigen Berufes. Als Anwältin habe ich mich immer für Menschen eingesetzt und mit ihnen zusammen nach Lösungen gesucht. Jetzt – als Leiterin meines Departements - stehe ich tagtäglich im Kontakt mit Menschen aus den verschiedensten Lebenssituationen und versuche mit ihnen gemeinsam, Lösungen zu finden und die Zukunft zu gestalten.

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Es ist bekannt, dass du von deinem Vorgänger (Peter Gomm, Regierungsrat von 2005-2017) ein sehr aufgeräumtes Departement übernommen hast. Wo liegen in deinem Aufgabenbereich heute die grössten politischen Baustellen?

Susanne Schaffner: Das Departement war sehr gut organisiert, als ich es übernommen habe. Am wichtigsten sind die motivierten Menschen, die hier arbeiten. Da das DDI einen übergreifenden Aufgabenbereich beinhaltet, schaffen wir jeden Tag Synergien zwischen den einzelnen Ämtern. Das ist der grösste Teil meiner Arbeit. Zum Beispiel bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen des Ausländergesetzes. Hier sieht man, wie gut die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen funktioniert.

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Das war jetzt ein interessanter Blick auf die Gegenwart. Es stehen jedoch auch grosse Brocken bevor, so zum Beispiel die Umsetzung der Steuervorlage 17. Sollten diese wie von der Gesamtregierung umgesetzt werden, drohen Ausfälle in der Höhe von 140 Millionen Franken für Kanton und Gemeinden. Kann sich der Kanton dies leisten?

Susanne Schaffner: Die Gesamtregierung hat sich für diese Vorlage entschieden. Der Kanton Solothurn wird auf Grund internationalen Bestimmungen dazu gezwungen, seine Steuerstrategie zu überarbeiten. Die Lösung der Regierung wird vorrausichtlich Ausfälle von 140 Millionen für Kanton und Gemeinden verursachen. Die Frage ist daher nicht, ob wir uns diese Ausfälle leisten können – die Frage ist viel mehr, woher wir das Geld für die Ausfälle herbekommen werden. Wenn der Kanton diese Ausfälle nicht kompensieren kann, wird es zu Steuererhöhungen und Einsparungen kommen. Das sind im Endeffekt politische Entscheidungen, die auch das Parlament mittragen muss.

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Du bist Teil dieser Regierung und musst dich an ihre Beschlüsse halten, auch wenn du mal anderer Meinung bist. Als langjährige Parlamentarierin und bekannt dafür, Klartext zu reden, wie gehst du mit diesem Rollentausch um?

Susanne Schaffner: Ich pflege in meinem Departement einen offenen Dialog. Das bedeutet natürlich auch, dass mir gegenüber offen Kritik geäussert werden darf. Nur so sorgt man dafür, dass sich alle gehört und wertgeschätzt fühlen – egal, ob das im Kantons- oder Regierungsrat ist. Und gerade in der Regierung kann ich oft Anliegen erfolgreich einbringen. Selbstverständlich gibt es auch politische Differenzen. Regieren bedeutet Lösungen finden – und das kommt mir als lösungsorientierte Politikerin entgegen, auch wenn das Resultat natürlich nicht immer meinen Idealvorstellungen entspricht.

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Du bist Exekutivpolitikerin und musst unter anderem die Beschlüsse des Kantonsrates ausführen. Kürzlich hat dieser die erwiesenermassen nutzlose schwarze Liste für säumige Krankenkassenprämienzahler abgeschafft. Das ist ein Erfolg – auch für dich und für eine seriöse überparteiliche Zusammenarbeit. Wie gehst du ganz allgemein damit um, wenn du Beschlüsse umsetzen musst, die nicht in deinem Sinn sind?

Susanne Schaffner: Wer mit diesem Spannungsfeld nicht zurechtkommt, kann dieses Amt nicht ausüben. Bereits als Kantonsrätin, als Präsidentin der kantonalen Finanzkommission, musste ich Mehrheitsentscheide vertreten, die nicht meiner Meinung entsprachen. Als Regierungsrätin ist es meine Aufgabe, Beschlüsse des Parlaments umzusetzen.

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Vor deiner Zeit als Regierungsrätin warst du viele Jahre Anwältin für die kleinen Leute mit eigener Kanzlei. Während dieser Zeit hast du dafür geschaut, dass Menschen in Not zu ihrem Recht kommen. Nach wie vor gibt es in der heutigen Gesellschaft zahlreiche Ungerechtigkeiten, wie z.B. bei den Löhnen zwischen Mann und Frau. Kann man als sozialdemokratische Regierungsrätin hier und in anderen Bereichen etwas bewegen?

Susanne Schaffner: Ich setze mich in der Regierung immer für die sozial Schwächeren ein. Auch wenn Politik und Regieren die Kunst des Kompromisses ist, steht für mich Solidarität über allem. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Staat mit Regulierungen dafür sorge muss, dass alle zum Zug kommen und am Wohlstand der Schweiz teilhaben können. Meine Politik steht im Dienst von allen und nicht von denjenigen, die bereits alles Geld der Welt haben. Alle sollen zu ihren Rechten kommen, alle Stimmen sollen gehört werden.

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Die sozialdemokratische Fraktion ist bei den letzten Wahlen und 4 Mitglieder gewachsen (23 von 100 Sitzen). Wie empfindest du die Fraktionsarbeit und welche Wünsche hast du an die SP/ Junge SP-Legislativmitglieder?

Susanne Schaffner: Ich empfinde die Zusammenarbeit als sehr konstruktiv. Wichtig ist das gemeinsame Vertrauen. Ich nehme jetzt als Regierungsrätin eine andere Rolle ein in der Fraktion als zu meiner Zeit als Kantonsrätin. Aber der Austausch findet statt und das ist das Wichtigste. Ich weiss, wohin die Fraktion politisch möchte, und gleichzeitig erhalte ich auch Unterstützung für meine eigenen Anliegen – so funktioniert gute Zusammenarbeit.

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Im nächsten Jahr stehen die eidgenössischen Wahlen an. Die SP will ihren Sitz im Ständerat und die zwei Sitze im Nationalrat halten. Gib uns einen Rat wie wir dies schaffen können, dies in einer Zeit, wo in Ländern rund um die Schweiz herum nationalistische Parteien auf dem Vormarsch sind.

Susanne Schaffner: Es ist sehr wichtig, dass wir unsere Sitze auf nationaler Ebene halten können. Entscheide auf Bundesebene haben einen grossen Einfluss auf den Kanton Solothurn. Die SP ist eine lösungsorientierte Partei, die sich für alle Menschen einsetzt. Im Gegensatz zu manch anderen Parteien, die mit Vorliebe Probleme und Ängste bewirtschaften, arbeiten wir an einer solidarischeren Gesellschaft. Dafür ist die Nähe zur Bevölkerung von grosser Bedeutung. Nur im Dialog können wir erfolgreiche Lösungen für die komplexen Probleme entwickeln. Wenn wir dem nationalistischen Lärm von rechts überzeugende, breitabgestützte und soziale Antworten entgegenhalten können, dann geht denen bald die Luft aus.

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Im Namen der Kantonalpartei und der Kantonsratsfraktion danke ich dir ganz herzlich für deine Arbeit als Regierungsrätin und wünsche dir und deiner Familie für die Zukunft alles Gute.

Eine Frage hab’ ich noch; wie erholst du dich neben deinem vollen Terminkalender in diesem Job mit grosser Verantwortung?

Susanne Schaffner:
Meine Priorität ist die Arbeit im Departement und erst dann kommen die Repräsentationspflichten, die ich durchaus auch gerne wahrnehme. Beides zusammen ergibt manchmal tatsächlich lange und anstrengende Arbeitstage. Aber ich habe schon vorher viel gearbeitet – als Anwältin und als Kantonsrätin. Neben all den Sitzungen ist mir wichtig, dass ich fit und in Bewegung bleibe. Ich mache viel Sport und nehme beispielsweise im Ambassadorenhof lieber die Treppen als den Lift.

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