Verabschiedung von Peter Gomm

Parteitag SP Kanton Solothurn vom 24. August 2017

Kleine Quizfrage: Wer schwingt die Heckenschere während Stunden mit Inbrunst und überschüssiger Energie; wer kraxelt pausenlos auf dem Baum herum, erntet fast 100 kg Zwetschgen und verschenkt die süsse Pracht im ganzen Quartier?

Peter Gomm hat Vollgas gegeben als Regierungsrat und muss nun nach seinem Rücktritt die überschüssige Energie im Garten abarbeiten. Etwas herunterfahren nach all den intensiven Jahren, gefüllt mit Terminen in- und ausserhalb des Kantons. Meine VorrednerInnen haben bereits darüber gesprochen, zum Engagement und zu den politischen Erfolgen auf kantonaler und interkantonaler Ebene ist bereits alles gesagt.

Ich habe Peters politisches Wirken seit mehr als 20 Jahren - zuerst als Büropartnerin in der Anwaltskanzlei, später als Kantonsrätin - hautnah mitverfolgen können. Oft wurden wir in der Kanzlei beide von der Arbeit abgehalten, weil Peter voller Leidenschaft die Erfolge und Misserfolge, den Ärger und die Freuden des politischen Wirkens mit mir diskutieren wollte. Bereut haben wir es beide nie. Wir waren uns nicht immer einig, hatten uns auch heftig «gestritten» - das gehörte bei uns einfach dazu. Etwas überspitzt formuliert kann man es so sagen: Peter wurde dadurch etwas härter im Nehmen und ich musste mir angewöhnen, beim Austeilen doch etwas zurückhaltender zu sein.

Peter hat es sich als Anwalt nie einfach gemacht. Missstände im Sozialversicherungsrecht, die wir im beruflichen Alltag erlebt hatten, beklagt er nicht einfach. Er nahm die bitter nötigen Änderungen in die Hand, indem er sich in entsprechenden Organisationen betätigte, mit Berufskollegen engagierte und wissenschaftliche Artikel schrieb.

Es war für mich daher auch nicht überraschend, dass er sich in seiner politischen Tätigkeit nie mit dem Erreichten oder mit halben Sachen zufriedengegeben hat. Er hat sich mit all seinen Kräften immer dafür eingesetzt, politische Ziele, soweit sie realistisch waren, zu erreichen. Und er hat sich nie gescheut, auch über Strukturen zu diskutieren, in der Partei, im politischen Alltag auf Gemeinde-, Bezirks- und Kantonsebene, auch wenn er sich damit nicht nur Freunde gemacht hat.
Ich habe alle seine Wahlkämpfe miterlebt: Kantonsratswahlen, Nationalratswahlen und schliesslich den Regierungsratswahlkampf. Stundenlang konnten wir philosophieren über alle möglichen Varianten und Ausgangslagen, über Listen und Kandidierende, über Erfolg und Misserfolg und über alles, was so Wahlkämpfe auch an positiven und negativen Erlebnissen mit sich bringen.

Als ich 2005 zur Unterstützung von Peters Regierungsratswahlkampf selber für den Kantonsrat kandidiert hatte, war ich bereits gestählt durch die vielen passiven Wahlkämpfe. Der Wiedereinstieg in die Politik war für mich eigentlich das Ankommen in einer Welt, die ich bestens durch die Diskussionen mit Peter kannte.

Ja und so kam es, dass wir uns weiterhin - er als Regierungsrat, ich als Kantonsrätin - in der Fraktion und im Parlament politischen Diskussionen stellten und auch stritten. Auch wenn wir politisch die gleichen Ziele verfolgten, über die richtigen Wege waren wir uns nicht immer einig und die unterschiedlichen Rollen „spielten“ wir weiterhin mit Herzblut. Für die Fraktion war das manchmal ein wenig irritierend, aber geschadet hat es niemand, wie die Geschichte zeigt.

Ich habe Peter in der Sogeko die ersten zwei Jahre erlebt. Offen für neue Ideen, hat er uns alle ernst genommen, über die Parteigrenzen hinweg, hat immer versucht, bestmögliche Lösungen zu suchen. Er hat von Rolf Ritschard ein Departement übernommen, das doch einige Baustellen hatte und durchaus noch etwas mit sozialpolitischen Anliegen angereichert werden konnte. Das Sozialgesetz war der erste Streich, der Peter gelang. Die Einführung der Sozialregionen, trotz aller Bedenken, die damals dagegen erhoben wurden, war ein voller Erfolg. Die von Rolf Ritschard in die Wege geleitete Spitalreform zu vollenden, die Einführung der Familienergänzungsleistungen, die von den Gemeinden mitgetragene Einführung der KESB, die Neuordnung der Pflegefinanzierung, die Verstärkung der Polizei - heute alles Selbstverständlichkeiten, verhandelte und erreichte Peter Gomm mit viel Geschick und Überzeugungskraft.

Meine Vorredner haben es ausgeführt. So richtig geschaltet und gewaltet hat Peter als Präsident der Sozialdirektoren, sein Einsatz für die Interessen der Kantone bei Verhandlungen mit dem Bund war enorm. Ich habe gehört, dass jeweils morgens um drei noch Mails geschrieben wurden, wenn es ganz hektisch zuging. Nach seinem Weggang sei die Arbeit, die er erledigt hatte auf fünf Mitglieder des Vorstandes der SODK aufgeteilt worden. Dieses Engagement erklärt wohl auch, warum Peter in den letzten Jahren im privaten Rahmen nicht mehr so viel gesehen wurde und er sich etwas zurückgezogen hatte.

Um den „Übermenschen“ Peter Gomm doch wieder in die reale Welt zurück zu holen, darf durchaus festgestellt werden, dass auch Unvernunft Platz in seinem Leben hat. Unvernünftig war er beispielsweise, wenn es um seine ganz privaten Ziele ging, die er unbedingt auch in Zeiten erreichen wollte, in denen dies eben nicht realistisch war.

Die alljährliche Teilnahme am Berlin-Marathon war sein ganz privates Ziel. Auch als er kaum mehr Zeit zum regelmässigen Training finden konnte, wie das jeder vernünftige Läufer tut, war er nicht von der Teilnahme abzuhalten. Er habe den Marathon im Kopf „durchgestiert“ bis zur Erschöpfung, hat mir eine gut unterrichtete Quelle verraten. Geschafft hat er den Marathon dann zwar bis ins Ziel, die gesundheitlichen Folgen musste er dann allerdings erst wieder auskurieren. Es ist doch irgendwie beruhigend: Auch Peter kommt an seine Grenzen. Auch wenn er dies selber natürlich, gerade wenn es um den Marathonlauf geht, ganz anders darstellen würde.

Sein Departement, das ich jetzt übernehmen durfte, beinhaltet die heiklen, kostenintensiven, nicht immer beliebten Themen Gesundheit, Soziales, Migration, Justizvollzug und Polizei. Kein leichtes Unterfangen, dieses grosse Departement zu führen, aber, ich hatte es während meiner Zeit als Kantonsrätin gesagt und ich sage es auch heute, nachdem ich seit drei Wochen als seine Nachfolgerin einen ersten Eindruck habe gewinnen können: Er hatte es im Griff. Die Ziele waren klar, die Umsetzung auch und die Zielerreichung wurde kontrolliert. Die Amtschefin und die Amts-Chefs sind mit Leidenschaft und grossem Fachwissen an der Arbeit und ziehen alle am gleichen Strick. Transparenz und Rechenschaftspflicht sind im DDI keine Fremdwörter und das scheint mir das Wichtigste: Im Zentrum allen Handelns steht das Wohlergehen aller Einwohnerinnen und Einwohner unseres Kantons und das Bestreben, sozialpolitische Ziele nicht nur zu formulieren, sondern auch umzusetzen.

Es ist natürlich für mich als Nachfolgerin eine wunderbare Ausgangslage, aber auch eine Herausforderung, die mich anspornt. Denn so gut wir uns kennen, so gut wissen wir, dass wir unsere eigenen Vorstellungen haben, wie Ziele erreicht werden sollen und dass ich mich, wie er auch, nicht auf Erreichtem ausruhe, sondern mich neuen Herausforderungen noch so gerne stelle. Die noch aktuelle Aussensicht mit der ich das Departement übernehme, spornt mich natürlich an, Verbesserungen und neue Ziele anzustreben. Denn darin sind Peter und ich uns vollständig einig: Regieren heisst gestalten, nicht verwalten und wenn ein Ziel erreicht ist, setzen wir uns ein neues, auch wenn das harte Arbeit bedeutet.