Weihnachtsstimmung mit DJ Ötzi

Ganz aufgeregt stand ich neben dem blonden Schulkollegen, der Schwarm aller Klassenkolleginnen und hauchte scheu meine Sätze ins Publikum: „Josef, lieber Josef mein…“ Die beiden Türkenmädchen schwenkten daneben den Hirtenstab, wohl kaum ein Wort verstehend, waren sie doch erst vor ein paar Monate in die Schweiz gezogen und Deutschzusatzunterricht war damals nicht bloss ein Zungenbrecher, sondern schlichtweg ein Fremdwort. Und dann sangen wir auch noch alle zusammen: „Es ist ein Ros ist entsprungen...“.

Selbstverständlich, 40 Jahre sind eine lange Zeit und vieles hat sich verändert. Die Schule muss so manches unter einen Hut bringen: verschiedene Sprachen, Kulturen und Religionen. Statt Engeln bastelt man heute halt Kugeln, statt Christbaumschmuck schneidet man Papiersterne aus. Und statt Halleluja singt meine elfjährige Tochter „Knock Knock Knocking on Heaven’s Door“ und „Ein Stern“ von DJ Ötzi. Westernmelodien und Liebesschnulzen in der Adventszeit, Hauptsache kein religiöses Lied. Hauptsache, es bleibt noch etwas Stern und Himmel, noch etwas diffuse Weihnachtsstimmung.

Offenbar will man Weihnachten noch nicht so ganz Preis geben die Kinder sollen diese Popsongs an der Weihnachtsfeier in der Kirche singen…

Die Schule muss Kulturvermittlerin bleiben. Im Geschichtsunterricht, beim Singen oder halt eben in Zeiten von christlichen Feiertagen, die halt immer noch unser Zusammenleben und unsere Bräuche und Sitten prägen. Auch wer nicht aktive Kirchgängerin ist, feiert Weihnachten, auch wer nicht christlichen Glaubens ist, kann sich an einem Weihnachtslied erfreuen. Die Schule muss sich klar werden, welche Rolle sie da spielen will, wo Zurückhaltung angebracht ist und wo Feste gefeiert werden können.

Was bedeutet es eigentlich, wenn die Kinder Pop und Schlager zu Weihnachten in der Kirche singen? Dass die Schule cool ist? Oder sich allenfalls krampfhaft um Coolness bemüht? Dass der Organist endlich erfährt, dass DJ Ötzi bessere Musik als Händel macht? Vielleicht ist es ja nur ein Zeichen der Rat- und Orientierungslosigkeit. Oder ein Zeichen dafür, dass die Populärkultur mit all ihren Trivialitäten, mit ihrer Beliebigkeit definitiv zu unserer Leitkultur geworden ist. Ein bisschen Stern, ein bisschen Frieden, ein bisschen ans Himmelstor klopfen.

Übrigens: Auf die Frage, um was es bei diesem „Knock, Knock-Lied“ denn überhaupt gehe, antwortete meine Tochter: „Keine Ahnung, wir haben den Text nicht übersetzt“.
Ich liefere Ihnen gerne eine kurze Zusammenfassung: „Es wird verdammt dunkel auf dieser Welt und es fühlt sich an, als klopften wir ans Himmelstor.“
Ob uns jemand hört? Oder gar hereinlassen wird?

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