Ein facettenreiches Theaterprogramm

Eröffnung Theatersaison Stadttheater Olten vom 15. September 2017

Als ich vor 40 Jahren, während meiner Kantizeit, zusammen mit meiner Freundin mein erstes Theaterabo löste, betrat ich sozusagen Neuland. Was genau uns dazu bewogen hatte, weiss ich nicht mehr, aber ich bin sicher: Der Wunsch nach einer aufregenderen Kultur als diejenige meiner Eltern, die in erster Linie aus Männerchor und Trachtengruppe bestand, war die treibende Kraft. Allerdings machte sich bei mir und meiner Freundin schnell Ernüchterung breit. Uns schien, als bestünde das Theater vor allem aus zähen Tschechow-Stücken. Und die konnten uns nicht dazu motivieren, unsere Abos zu erneuern. Dann gingen wir doch lieber die damals brandaktuellen Tanner-Filme im Studio-Kino ansehen, die wir zwar nicht wirklich verstanden, uns aber das Gefühl gaben, am Puls der Zeit zu sein.

Vor einigen Jahren wagte ich einen neuen Versuch mit einem Theaterabo und ich lasse es seither nicht nur aus Bequemlichkeit automatisch erneuern. Immer der gleiche Platz, immer die gleiche Abo-Kategorie. Ich lass mich gerne überraschen und werde auch immer wieder überrascht. Vieles aus meinem Abo-Programm kenne ich nicht, aber ich bin gespannt darauf. Ich staune immer wieder über die Perlen, die Herbert Schibler so scheinbar nonchalant ins Programm streut: Schauspiel, Operetten, Kammermusik, Konzerte. Immer wieder grosse Namen, von denen es alles andere als selbstverständlich ist, dass sie in einer Kleinstadt wie Olten auftreten.

Das Musical „Hair“ hatte ich vor 40 Jahren so oft als Film angesehen, bis ich es nicht mehr sehen und hören konnte. Jetzt aber bin ich gespannt auf die Bühnenversion im Stadttheater Olten. Biedermann und die Brandstifter hat meine Tochter gerade in der Kanti gelesen. Ich freue mich, diesen Klassiker in Olten wieder zu sehen.

Würde ich heute ein Theaterabo lösen, wenn ich heute eine Kantischülerin wäre? Ich weiss es nicht. Ich habe das Gefühl, die Jungen von heute stehen unter einem grösseren Leistungsdruck als wir damals. Und das Angebot, aus dem sie wählen können, ist riesig: Internet, TV, Partys, Szenenlokale – alles buhlt um ihre Aufmerksamkeit. Einem Theaterabo den Coolness-Faktor eines Szenenclubs zu verleihen - das wäre doch eine Herausforderung!

Wie auch immer: Tatsache ist, dass sich das Publikum des Stadttheaters stetig verändert, wenn auch altersmässig auf etwas höherem Level. Aber das ist ja auch schön, wenn man mit über 40 noch zu den jüngeren zählt!

In einer Welt voller Angebote und Reize ist es nicht selbstverständlich, regelmässig einen Saal dieser Grösse zu füllen. Die Macht der Gewohnheit von ein paar 100 Abonnenten reicht da nicht. Da braucht es Engagement und Qualität, die überzeugt. Das Stadttheater ist herausragend durch seine Vielfalt, seine Grösse und auch durch das Engagement von Herbert Schibler. Ich frage mich manchmal, ob die Stadt diese Leistung auch wirklich zur Kenntnis nimmt und gebührend wertschätzt. Sicher ist, dass wir, die wir hier sind, das tun!